Donnerstag, 28. April 2005
 
Guten Tag, Umfrage
Ich hab grad mal an einer telefonischen Umfrage zum allgemeinen politischen Zirkus teilgenommen.

Finde eigentlich nur ich das bedenklich, daß die Presse eine vergleichsweise harmlose Sache wie die Visa- Affäre so hochkochen kann daß sie zum Thema des Monats wird?
Welcher Ukrainer möchte denn gerne in einem Land arbeiten in dem man schon 1- Euro- Jobs einführen muß damit die Chefs überhaupt noch jemanden einstellen?

Naja, ich fand das Thema kacke, entsprechend deutlich hab ich auch gemacht wie sehr es mir am Schnürsenkel vorbeigeht.
Währenddessen gäbs doch wirklich wichtige Themen, aber die kriegt man natürlich nicht am Telefon erzählt, die muß man schon selber finden.
Ja, Softwarepatente sind immer noch eine Gefahr. Als tolles Beispiel seien nur mal die Abzocke beim Kauf von UMTS- Handies genannt: Hier bezahlt man bereits jeden 4. Euro an Firmen, die für das besagte Gerät keinen faulen Finger krumm gemacht haben. Wer das noch für in irgendeiner Weise gerechtfertigt hält...
 

 
Oder wer überhaupt
UMTS-Handys für gerechtfertigt hält, möchte ich da anfügen.

Zu Studi-Zeiten hab ich bei der Forschungsgruppe Wahlen auch Politbarometer, Wahlumfragen und dergleichen mehr zusammentelefoniert. Dorniges Geschäft, und dabei hat das ja noch eine gewisse politische Relevanz. Mich als Politik-Student hat das damals ziemlich ernüchtert, dem Wahlvolk aufs Maul zu schauen...
 
 
Wahlvolk? Heißt sowas in unserer Medienrepublik nicht inzwischen Wahlvieh? Wenn ich mir so anschau wie die von Weide zu Weide Schlagzeile zu Sensation treibenlassen - aber war warscheinlich auch zu Deinen Zeiten nicht wirklich besser.

Ob man UMTS wirklich braucht oder nicht sei mal dahingestellt. Aber als stolzer Papi wirst auch du irgendwann für den Konsumrausch deiner Kleinen gradestehen dürfen und bist froh wenn neben den stolzen Verbindungspreisen nicht auch noch horrende Lizenzgebühren pro gesprochenem Wort anfallen.
 
 
Klar, das seh ich
alles mit einem gewissen Horror auf mich zukommen. Ich für mein Teil hab da ja lange mehr so den buddhistischen Ansatz verfolgt, wonach der Weg zur Erlösung über die Bedürfnislosigkeit führt. Immer stark hinterfragt, musste dieses oder jenes wirklich haben, DVD-Player, Foto-Handy, iPod und Schieß-mich-tot?

Sicher, Softwarepatente, DRM und dieses ganze Zeux ist von Übel. Aber das sind nicht nur die bösen Abzocker-Konzerne. Sondern auch wir selber: Mit jedem Kaufakt, den wir halt doch tätigen, mit jedem vermeintlichem Bedürfnis, dem wir dann doch nachgeben, drehen wir das Voltlevel am Elektrozaun unserer Weide weiter nach oben.

Natürlich sehe ich die Sachzwänge, die verhindern, dass wir uns aus diesem Kreislauf komplett ausklinken. Solange man aber noch nicht verstanden hat, wie man selber zur Perpetuierung dieses Schweinesystems beiträgt, hat man nicht wirklich verstanden, wie perfide die ganze Geschichte wirklich ist...
 
 
Ob das aber mehrheitsfähig ist - dieses Erkennen?
Denn immer dann wenn eine Gruppe, die sich erfolgreich vom Konsumterror abgeseilt hat, eine gewisse wirtschaftliche Relevanz erreicht hat, tut der Kommerz doch auch wieder alles um sie ins Karussell des Konsums zurückzuholen.
 
 
Mehrheitsfähig
ist das ganz bestimmt nicht. Die wenigsten wollen es wirklich wissen. Ist natürlich leichter, auf den Staat, die multinationalen Konzerne und die Verblödungsindustrie zu schimpfen und die eigene Mitwirkung am Funktionieren des perfiden Systems geflissentlich zu ignorieren.

Du hast natürlich auch recht: Sobald irgendeine Strömung abseits des Kommerzes eine gewisse kritische Größe überschritten hat, ruht das Kommerz-Kollektiv nicht eher, bis die Indie-Dissidenten assimiliert sind. Letztlich isses immer ne Frage vom Kaufpreis...
 
 
So ein paar kann man auch zu Kriminellen erklären und wegschießen - hat ja hierzulande bei Baader/Meinhof auch gut funktioniert.

So bleibt der Konsumverzicht eine einsame und undankbare Entscheidung und hinterläßt jedesmal ein schlechtes Gewissen beim Entscheider das erstmal kompensiert werden will.