Sonntag, 9. November 2008
 
Reliquien


Neben wunderschönen Moscheen gibt es in Istanbul auch noch heiligere Heiligtümer des Islam. Ganz vorn dabei die Reliquienkammer im Topkapi Paslast. Die dort ausgestellten Schätze der Kalifen durften selbst die Sultane nur einmal im Jahr sehen - heute sind sie für alle Besucher zugänglich - auch wenn das unter Fundamentalisten nicht gerade auf Gegenliebe stößt.
Die Verhaltensregeln beinhalten so ziemlich alle Verbote, die man in einem Museum oder einem Gotteshaus erlassen kann. Neben einem Fotoverbot (an das ich mich mal lieber gehalten hab), soll der werte Besucher auch ähnliche Kleidungsregeln einhalten wie beim Besuch einer Moschee. Letzteres wurde aber nicht wirklich sanktioniert, vermutlich hatten die Sicherheitsleute auch Besseres zu tun als jedes Dekolleté persönlich zu begutachten.


Innendrin kommts direkt knüppeldick: mit dem Knüppel Stab von Moses und den Kopfbedeckungen von Abraham und Ismael (legendärer Stammvater der Araber) sowie dem Schwert von König (Prophet) David werden erstmal Reliquien aus vorislamscher Zeit und von Personen präsentiert, die man aus so mancher Vorabendserie, wenn schon nicht aus dem Alten Testament kennt. Alter: meherere tausend Jahre. Ich vermißte ein wenig die Latschen von Jesus, oder zumindest ein paar Splitter aus seinem Kreuz, wie sie in fast jeder katholischen Kirche irgendwo hinter den Kulissen aufbewahrt werden - aber da blieb wohl für die Moslems nichts mehr übrig.
Dafür gibts aber einiges aus dem Nachlass des Propheten Mohammed: Ein Zahn, seinen Bart - bzw. mehrere Haare davon, einzeln in kustvolle gearbeiteten Glasviolen drapiert, und sein Schwert - bzw. gleich zwei Schwerter, nur um sicherzugehen. Die berühmte Fahne, die sein Gefährte Ayyub vorantrug sowie seine Mantel werden in Schreinen aufbewahrt, sind also nicht selbst zu sehen. Dafür gibts aber noch eine der ersten Koran- Niederschriften sowie weitere Schwerter der ersten Kalifen. Die ganze Zeit über hört man über Lautsprecher Koransuren, die ich für Tonband hielt, bis ich im vorletzten Raum sehen konnte, daß dem mitnichten so ist sonderen die Suren 'live' durch einen Imam vorgelesen werden.
Wie oben schon angedeutet, gibt es unter Fundamentalisten Stimmen, die fordern, diese Schätze nicht mehr zugänglich zu machen. Manche fordern sogar eine Rückgabe nach Mekka - wobei es aber ein kleines Problem gibt: Denn wer diese Reliquien besitzt, darf sich Kalif nennen anstelle des Kalifen. So sind sie nämlich auch von Ägypten nach Instanbul gekommen. Und niemand möchte, daß sich die Herren des Nadschd zu Kalifen erkläen.

Aber nicht nur die Fahne des Ayyub befindet sich in Istanbul. Nein, er selbst war schon lange da. 645n. Chr. bei der ersten arabischen Belagerung von Konstantopel verstorben, wurde sein Grab 1453, nachdem die Türken es endlich geschafft hatten die Stadt einzunehmen 'wiederentdeckt', und direkt zu einem Wallfahrtsort ausgebaut. Da nach islamischem Glauben ein Grab in der Nähe eines Gefährten des Propheten auch die Nähe zum Paradies bedeutet, befindet sich der größte Friedhof von Instanbul im ehemaligen Vorort und jetzigen Stadtteil Eyüp:


Links im Hintergrund ist die Grabmoschee von Ayyub/Eyüp zu sehen, im Vordergund der Friedhof, der sich über den kompletten Hügel erstreckt. Und was sich sonst noch so auf dem Hügel befindet, das erzähle ich ein andermal.
 
Von: ericpp um 17:15hontour | 0 Kommentare | kommentieren