Dienstag, 30. August 2022
 
A-Wort, B- Wort, C-Wort
Einer Sprache mit geschätzt einer halben Million verschiedener Wörter dürfte eigentlich am Arsch vorbeigehen, ob 26 davon verlustig gehen.

Vor Allem, wenn es sich um eh nicht so schöne Exemplare handelt, die eher dann hervorgeholt werden wenn es darum geht, die persönliche Meinung über sein Gegenüber auf eher postfaktische Weise zu untermalen.
"Ich mag den nicht, denn der hat blonde Haare."
"Sein Uropa hat zum Lattenjupp gebetet, das beweist doch, daß er böse ist."
"Der hat Sex mit Frauen, wie eklisch ist das denn?"
Ich nehme einfach mal an, die Beispiele sind absurd genug, um die Blödheit derjenigen darzustellen, deren Intellekt und Wortschatz nicht weiter reicht?

Und um meine "Sünden" mal hier darzulegen:
- Während ich blonde Menschen nicht grundsätzlich hasse, bringe ich eine gesunde Menge an Verachtung für die wenigen Exemplare dieser Gattung auf, die dies Haarpracht so spazierenführen, daß sie wie ein gerade erst gebrauchter Wischmob aussehen. Und in der Politik tätig sind.
- Ich bedauere es, daß der Glaube an auf Wasser rumlaufende Gottessöhne noch nicht von der WHO als - meist harmlos verlaufende - geistige Erkrankung anerkannt wurde.
- Sex ist hingegen immer gut. Entsprechend habe ich eher Verachtung für Leute über, die diese Tätigkeit mit Verboten oder Tabus belegen wollen. Wenn sich zwei erwachsene Menschen einig sind, hat auch der selbsternannte Stellvertreter Gottes in Rom die Fresse zu halten. Und wenn sich zwei zwar noch noch minderjährige, aber bereits voll geschlechtsreife Menschen einig sind, ebenso.

Aber zurück zu den A- B- C- und weiteren 23 Wörtern, die man jetzt nicht mehr sagen soll.

Dazu sind mir in den letzten Tagen zwei Wörter aufgefallen, von denen ich ums erste schon etwas länger wußte, beim zweiten jedoch etwas erstaunt war, daß es auch hier eine Nichtaussprechempfelung gibt.

Aber fangen wir mit dem prominenteren Beispiel an. Einem von mehreren zehntausend Wörtern das mit dem Buchstaben "N" anfängt, und zu meiner weiterhin bestehenden Verwunderung nicht mit "igger" aufhört. Und auch von Mr. Wissen 2 Go nicht verwendet wird, wenn es um ein Beispiel für die wohl etwas rüderen Umgangsformen von Karl Marx, immerhin Stifter der Weltreligion "Kommunismus" geht.
Wenn ein Mensch mit mosaischen Vorfahren, der andere Mitmenschen, auch wenn sie keine beschnittene Eichel haben, als "Juden" bezeichnet, hingeht und irgendein Weißbrot als starkpigmentierten Menschen beschimpft - dann würde ich bei einem qualitätsjournalistischen Werk doch bitte etwas mehr vernehmen als nur die vage Angabe über die Verwendung eines Wortes. Den Kontext, möglicherweise auch eine Interpretation darüber,. was der Urheber, der ja weder blind noch strunzdumm war, eigentlich aussagen wollte.
Denn gerüchteweise hat sich die Bedeutung des hinter dem Begriff N-Wort versteckten Wortes seit den Tagen als der olle Treverer noch auf Erden wandelt, ein klein wenig gewandelt. Natürlich erwarte ich in einem 13 Minuten langen Video keine kilometerlange linguistische Abhandlung, aber ein wenig Einnordung dazu, wie der damalige Zeitgeist tickte, und bei wem man sich mit solchen Formulierungen einzuschleimen vermochte, täte gut. Alternativ hätte man auch ein anderes Beispiel mit nur Wörtern nehmen können,. die man auch aussprechen mag.

Während der Schutzgeist sein Gegenüber lieber mit dem Vornamen anspricht, als irgendwelche N- T- oder Z- Wörter in den Mund zu nehmen, während er sich längst an Begriffe wie "Letschoschnitzel" und "Schaumküsse" gewöhnt hat, wenn es um Dinge geht, die er heute noch zu sich zu nehmen gedenkt. Gleichzeitig sollte aber nicht in Vergessenheit geraten, daß diese Dinge noch in den 1980ern anders genannt wurden, so wie auch auf den Schokoladentafeln ein subsaharischer Afrikaner in oieintalischer Kleidung abgebildet war. Oder daß sich deutsche Fürsten vor nicht allzu langer Zeit gern solche Menschen als Dekoobjekte in ihren Palast stellten. Die Figur auf der Schokolade darf, gebleached, als "Magier" weiterarbeiten.
Vermutlich hat das Marketing hier einfach nur alles riechtig gemacht. Kein Maskottchen ging nicht. und ein Gangsta- Rapper oder Basketballspieler als neue, schwarze, Identifikationsfigur hätte die Kundschaft wohl auch zu stark verwirrt.
Aber genug zur Schokolade.

Umd zurück zum oben nicht genannten "N-Wort". Das war ja niemals nur eine Beleidigung und ist auch nicht erst mit der Rassetheorie auf der Bildfläche erschienen. Sondern es war eben über eine längere Zeit und mangels Alternativen die gängige Bezeichnung für Menschen mit schwarzer Hautfarbe. Entsprechend sind in dieser Zeit auch diverse Werke entstanden, die dieses ungenannte Wort enthalten. Bücher von Karl May zum Beispiel, der nur an dem "anderen" N-wort Anstoß nahm. Oder politsche Reden des N-Wortes Martin Luther King über den Kampf der N-Wörter für ihre Bürgerrechte. Die sowohl im englischen Original auch in zeitgenössichen Übersetzungen N-Wörter enthalten. weil der Autor sich schleichlich für N- Wörter einsetzte.

Beispiel zwei fand ich dann aus anderem Grunde verwunderlich. Darüber gefallen bin ich beim guten Sinan, der sich in seiner aktuellen Woche ebenso darüber wundert. Dabei geht es um ein S-Wort das ich bisher nur als Kategorie bei Redtube kannte. Aber niemals nicht im Umgang mit Menschen nutzen würde. Warum der von Sinan zitierte Sascha Lobo meint, seine Podcast- Hörer darüber aufklären zu müssen, daß man dieses S-Wort nicht sagen sollte.
Während es zum N-Wort in der Tat mittlerweile dutzende Zeitungsartikel, Webseiten und Erklärbärvideos auf YT gibt warum man das nicht sagen sollte (dem ich zumindest teilweise zustimme) führt bereits eine kurze Google- Suche (oder eine via Duckduckgo) zu der Erkenntnis, in welchem alleinigen Kontext diese Begriff gebraucht wird. Selbst eine - neulich mit sehr zweifelhafter Motivation gemaßregelte - Bundeswehrsoldatin hatte das S-Wort niemals in ihrem Tinder- Profil stehen.
Es ist natürlich absolut möglich, daß der Sascha das nicht wußte, und ihm das böse Wort im falschen Moment herausgerutscht ist, wo auch immer er es zuvor aufgeschnappt hatte. Und nun hat er, von sich ausgehend, darauf geschlossen, daß da noch weitere Unwissende draußen rumlaufen, die er vor diesem Fauxpas warnen wollte.
Nur ... Ich sehe da keinen Need, da die vpn S-Wörtern bevorzugte Selbstbezeichnung "Trans" viel weiter verbreitet, und meiner bescheidenen Meinung nach auch gesellschaftlich mittlerweile habwegs angenommen ist.
Kuhdung, ich hoffe, daß kommt jetzt nicht zu besserwisserisch rüber.

Letztlich sollte sich die Wortnichtaussprechmepfehlung, wenn sie denn funktionieren soll (außer bei ganz hartnäckigen Knallköppen, die dem schon zwecks Aufmerksamkeitsgenerierung zuwiderhandeln werden) aber eh auf einige wenige Wörter beschränken. Und besser Synonyme oder Alternativen vorschlagen statt sperrige Umschreibungen die so generisch sind, daß auch ein 'Rudel Patridioten auf die Idee kommen könnte, ein ihnen unangenehmes N-Wort aus der deutschen Sprache zu tilgen.